Spannende Kult-Weine in einem Jahr der Extreme
2022 war in Bolgheri ein extremes Jahr. Von Februar bis Juni war es das trockenste Jahr und von Mai bis September eines der wärmsten der vergangenen vier Jahre. Ausgewogene Regenfälle zur Lese hin sorgten für Entspannung im Weinberg und damit für einen am Ende doch sehr guten Jahrgang. Ebenso kam den Reben zugute, dass der Winter 2021/2022 sehr regnerisch verlief, womit die tiefen, oft lehm- und tonhaltigen Böden gute Reserven für die Trockenperiode aufbauten.
Das warme Frühjahr sorgte für einen guten Austrieb und begünstigte einen hervorragenden Abschluss von Blüte und Fruchtansatz. Im Sommer war es wie gewohnt heiß und trocken, aber gegen Ende der Saison gingen die Temperaturen dank des Regens zurück und kühlere Nächte mit guten Schwankungen zwischen Tag und Nacht ermöglichten eine perfekte phenolische Ausreifung der Trauben und längere Erntezeiten.
Die Trockenheit verlangsamte das Wachstum und führte zu geringeren Erträgen und kleineren, konzentrierteren Trauben, während die Regenfälle gegen Ende des Wachstumszyklus die Weinberge wieder ins Gleichgewicht brachten.
Bei Ornellaia führte man eine sorgfältige Auslese in den Weinbergen sowie eine doppelte Selektion bei der Ankunft der Trauben im Weinkeller durch.«Dieser Jahrgang zeichnet sich durch die richtige Konzentration und einen ausgeprägten Charakter aus», kommentiert Marco Balsimelli, neuer technischer Direktor von Ornellaia, bei der Präsentation des neuen Jahrgangs in Zürich. «Man kann alle positiven Einflüsse der Sonne zusammen mit einer überzeugenden Frische wahrnehmen. Der Petit Verdot, der in diesem Jahr mit einem etwas höheren Anteil in der Assemblage vertreten ist, interpretiert dieses Klima am besten», führt er weiter aus.
Der 2022er Ornellaia stammt noch vom alten Team rund um Axel Heinz, der wenig später zu Château Lascombes wechselte. Heute leitet Lamberto Frescobaldi die beiden Güter, während Marco Balsimelli der neue Produktionsdirektor ist. Der Jahrgang zeigt sich charmantoffen mit einer generösen, reichhaltigen und weichen Textur, die sich im Mund großzügig und mit abgerundeten, seidigen Gerbstoffen ausbreitet. Stilbildend ist die typische Ornellaia- Würze, die an mediterrane Macchia und balsamisch-kräutrige Noten erinnert.
Der Jahrgang forderte dem Team und der Natur alles ab. Kein Wunder, dass der 2022er-Jahrgang mit dem Titel «La Determinazione»(dt. die Entschiedenheit) überschrieben wird. Für Priscilla Incisa della Rocchetta von Tenuta San Guido war 2022 sicherlich ein heißes Jahr, «aber dank einer Reihe von Umständen, die während des gesamten biologischen Zyklus‘ der Rebe auftraten, war es weniger anstrengend als frühere heiße Jahre, wie 2012 oder 2003.»
Auf die Frage, mit welchem Jahrgang sie den 2022er vergleichen würde, sagt sie: «Ich würde sagen, mit einem 2020er, wenn auch mit mehr Frische, und weiter zurück schauend vielleicht mit einem 1999er oder 1997er, aber im Verhältnis von Frische, aromatischer Komplexität und Struktur auch mit einem 1987er. Er hat in vielerlei Hinsicht Ähnlichkeiten mit dem 2020er, 2009er und 2007er Jahrgang.»

Der Sassicaia 2022 zeigt einmal mehr, warum er als Ikone unter den Super Tuscans gilt – elegant, tiefgründig und mit beeindruckendem Reifepotenzial.
Der 2022er Sassicaia betört durch seine aromatische Fülle mit einer wunderbaren, seidigen Struktur und nobler Harmonie, ohne jegliche Überreife. Die Frucht ist satt und reif, bleibt aber präzise und pur, die Tannine sind saftig und seidig.
Wie so oft strahlt er nobles Bordeaux-Flair mit klassischer Eleganz aus, ganz im Sinne vom Erfinder Mario Incisa della Rocchetta. Im Gegensatz zu Ornellaia enthält der Sassicaia traditionell keinen Tropfen Merlot, sondern besteht ausschließlich aus den spätreifenden Sorten Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Von der Saftigkeit und der aromatischen Fülle erinnert er mich tatsächlich auch an 2020. Eine unaufgeregte Klasse, obgleich auch er schon jetzt mit verführerischer Frucht und immenser Grazie daher kommt. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Wein eine ganz große Zukunft hat.
Beim Guidalberto geht es um den Jahrgang 2023. Dieser ist komplett anders. Ein herausforderndes, feuchtes Jahr, wo es darum ging, den Peronospora-Druck im Zaum zu halten.
«Für Rebsorten wie Cabernet Sauvignon war er außergewöhnlich, während er für frühe Sorten wie Merlot vielleicht weniger positiv verlaufen ist als 2022», erzählt Priscilla Incisa della Rocchetta.
Tignanello – Die Super-Tuscan-Legende
Die Tenuta Tignanello der Marchesi Antinori liegt im Herzen des Chianti Classico auf den sanften Hügeln zwischen dem Greve- und dem Pesa-Tal und umfasst 319 ha Land, davon 165 ha Rebfläche. Mit einer beeindruckenden Geschichte, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht, hat Tignanello Weingeschichte geschrieben und ist eines der renommiertesten und geschichtsträchtigsten Weingüter in der Toskana. Er war der erste Sangiovese, der im Barrique ausgebaut wurde, der erste moderne Rotwein aus nicht traditionellen Rebsorten (darunter Cabernet) und einer der ersten Rotweine des Chianti, dem keine weißen Rebsorten zugesetzt wurden. Tignanello ist ein Meilenstein in der Geschichte des Weins. Er wird aus einer Selektion von Sangiovese, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc hergestellt. Unter den Rebflächen sind zwei Juwelen: der Weinberg Tignanello und der Weinberg Solaia. Die Böden sind felsig und kalkhaltig mit Alberese- und Galestro-Gestein.
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